Boilies

Schon Altmeister Izaak Walton gab 1653 im Kapitel IX des „Vollkommenen Anglers" folgenden Tipp: „Und wenn Du einen Teig das ganze Jahr zum Fischen aufheben willst, dann mische ihn mit Bienenwachs und geklärtem Honig, und knete alles vor dem Feuer mit deinen Händen zusammen; dann forme daraus Kugeln, die werden das ganze Jahr lang halten." Die erste harte Karpfenkugel der Weltgeschichte; zugegeben, nur am Feuer getrocknet und nicht gekocht. Gewöhnlich wird dem Engländer Fred Wilton die Erfindung des Boilies (von engl. to boil = kochen) zugeschrieben. Denn der Londoner Hafenarbeiter aus Kent brachte die Kugel ins Rollen: Er fabrizierte schon gegen Ende der 60er Jahre gummizähe Karpfenköder. 1972 veröffentlichte er in der Mitgliederzeitschrift der British Carp Study Group einen Artikel über gebrühte Pastenbällchen mit hohem Proteingehalt: „Teig, angemischt mit Eiern und leicht gekocht, bildet eine Haut aus, die Fische, wie Rotaugen und Brassen, daran hindert, ihn wegzuknabbern." Wiltons Karpfenkugeln waren noch keine richtigen Boilies im heutigen Sinne, sie hatten nur eine dünne Gummihaut, der Kern war noch weich und saftig. Fred Wilton entwickelte damals die vieldiskutierte HNV-Theorie (high nutritive value = hoher Nährwert) und mischte wohl als einer der ersten in England mit Eiern seine Teigmischungen an, die er dann kochte. Freds Theorie basierte darauf, dass Karpfen instinktiv den Nährwert eines Köders erschmecken können. Der Angelneuling - er hatte erst 1964 mit dem Hobby begonnen - kam auf seine Hochproteinköder, als er einen Zeitungsartikel über Kaninchen in Australien las. Dort hatten Forscher herausgefunden, dass die Nager den Mineralstoffgehalt ihrer Nahrung herausschmecken können. „Sicher können Karpfen das auch", dachte er sich.



Wiltons wichtigsten Zutaten waren verschiedene Milchproteine, die er mit pflanzlichen Eiweißen und damals bekannten Angelfuttermischungen kombinierte. Den Haken steckte Wilton noch ganz in den Boilie - von der Haarmontage keine Spur. Seine ersten Versuche waren sehr frustrierend; Wilton gelang es bei einem Biss nur selten, den Haken aus der gummiharten Köderkugel ins Fischmaul zu treiben.

Aber den Boilie erfand Fred Wilton nicht. Denn die Ehre für die erste Erwähnung in der englischen Angelpresse gebührt einem anderen berühmten Karpfenangler. Schon 1968 veröffentlichte James A. Gibbinson in seinem Buch „Carp" folgenden Satz: „Wenn Kleinfische am Krustenköder herumspielen, verwende ich auch Teigbälle, d.h. Kugeln von Paste, die ich ein paar Sekunden lang in kochendes Wasser tauche. Durch das Überbrühen bekommen sie eine Art Gummihaut." Gibbinson nannte seine Boilie-Vorfahren „dough-balls", Teigbälle. Fred Wilton hatte Jim Gibbinsons Idee also nur fortentwickelt und um Eier und proteinhaltige Zutaten ergänzt.