Vom Regen in die Traufe

...es ist 4 Uhr morgens, Hochsommer und ich liege in meinem Schlafsack. Der Wind bläst ununterbrochen nasse, warme Luft unter mein Shelter. Der Regen trommelt wie verrückt auf die Wasseroberfläche, ich spüre meinen Puls im Fuß, die Beteubung lässt nach. Im Schein der Kopflampe sehe ich noch einige blutverschmierte Blätter vor der Liege liegen. Meine Haken hängen in den Rutenringen und werden nicht mehr ausgelegt. Ich mache das Licht aus und lege meinen Kopf auf den inzwischen feuchten Schlafsack, mein Kinn fängt an zu zittern und mir rollen Tränen aus den Augen. Ich bin mit meiner Kraft am Ende, die Nerven liegen blank und der Schmerz wird schlimmer... Wofür das Alles? Was ist das bloß für ein Jahr? Ich finde keine Antworten und schlafe irgendwann ein...

 

Das Jahr 2010 - vom Regen in die Traufe

- ein Dreiteiler von Tammo Schiller

 

 

Das Frühjahr: Es ist Januar und ich stehe an einem meiner Lieblingsgewässer und fotografiere den zugefrorenen See und die wunderschöne Landschaft, wie sie völlig still und weiß daliegt. Bald wird es mit der Ruhe vorbei sein, denke ich mir. Bald wird das Eis schmilzen und die ersten Zelte werden am Ufer stehen, bald werden die Sonnenstrahlen das Wasser erwärmen und unsere Freunde werden sich in die flachen Bereiche begeben um das neu erwachte Futter zu suchen.

Ich werde mich hier festfahren...

Ich hatte ein sehr erfolgreiches Jahr hinter mir, alles lief so, wie ich es mir gewünscht hatte und ich fühlte mich unbesiegbar. Nicht unbesiegbar gegenüber meiner Jungs, da gibt es keinen Wettkampf, unbesiegbar gegenüber den Fischen. Ich denke jeder kennt dieses Gefühl, dieses kribbeln. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, das der Winter noch härter, noch länger und noch trostloser werden sollte. Die weiße Pracht in ihrer Stille sollte uns verrückt machen, uns bangen lassen um das Leben unserer Freunde und unsere Sucht ins unerträgliche treiben. Die Stimmung wurde immer mieser, neu gekauftes Gerät von zahlreichen Messen konnte nicht ausprobiert werden, Zeitschriften wurden immer und immer wieder durchgeblättert, die Treffen mit den Jungs wurden zur Zerreißprobe, es gab nur ein Thema: Fischen! Und die Stimmung war gereizt...

 

Erst Ende März war es soweit, das Eis war gewichen und zum Glück, in unserem Bereich gab es kein Fischsterben. Es gab kein halten mehr, das Wochenende stand vor der Tür und ich konnte es kaum erwarten ans Wasser zu kommen. An diesem Wochende werden fast alle unterwegs sein, ich brauche einen ruhigen Platz abseits des Treibens, abseits vieler gespannter Schnüre im Wasser. Ich entschied mich für einen sehr kleinen See in meiner Umgebung, welchen ich fast alleine befische. Hauptsache erstmal wieder raus, Frischluft schnappen und Kaffeetrinkend auf der Liege sitzen, Gott was habe ich das vermisst.

Ich blicke auf das Wasser, erste Lebenszeichen unter der Oberfläche, die 3 Ruten liegen auf ihren Plätzen und das Ritual nimmt seinen Lauf. Erstmal eine Sms an die Jungs : Die Fallen liegen!!! Allen da draußen viel Glück... Wie immer im kalten Wasser hatte ich auf Running Rigs und kurze Vorfächer gesetzt. Ich möchte jede Bewegung am Platz mitbekommen, gerade jetzt, ich will wissen ob Fisch auf dem Platz ist. 2 Ruten wurden mit 10mm rosa Octopus-Pop Ups bestückt, einer in 4 cm Höhe und einer am KD Rig. Die Dritte Rute hatte einen halben 18mm Red Spice Boilie am Haar. Alle Ruten hatten PVA Säcke mit einer Mischung aus Minipellets und gekrushten Boilies am Haken. Erstmal vorsichtig rangehen. Abends um 23 Uhr kam der erlösende Moment, erst 2 Piepser, dann der 3. und dann schoss der Monkey in Richtung Rutenblank und die Schnur lief ab. Da war es wieder, das Kribbeln, das Gefühl das alles läuft, das man unbesiegbar ist... Wenn ich gewusst hätte...

Der erste Fisch des Jahres

Das erste Wochenende ging schnell vorbei, außer dem schönen Spiegler im Winterkleid ließ sich leider kein Fisch mehr blicken, aber ich war zufrieden. Der erste Fisch des Jahres ist für mich immer etwas besonderes. Ich fing an meine Pläne aus der Winterzeit näher zu durchdenken, ich wollte zurück an den See welchen ich mit Schnee und Eis besucht hatte. Ich hatte mich gut vorbereitet, ich war zwischenzeitlich bei Chris im Laden gewesen, hatte mich mit Futter eingedeckt. Schneeweiße Scobbery- Dumbels in 14mm sollten es sein und mit 45 kg Boilies und einigen Säcken Partikel und Pellets konnte das Jahr richtig starten. Ich bereitete meine Plätze vor und fischte eine Nacht nach der anderen. Sogar unter der Woche war ich schon wieder unterwegs, aber nichts passierte. Ich konnte einige klodeckelgroße Brassen überlisten und das meistens Nachts um 3, aber ansonsten war es tot bei mir. Was war los, ich war doch unbesiegbar, hatte dieses Kribbeln und machte doch alles richtig. Nein, es sollte so weitergehen und mich verzweifeln lassen.

Eine Nacht mit den Jungs stand bevor, wir wollten zu Dritt an den See und mal wieder gemeinsam eine Nacht fischen. Es war inzwischen fast Mitte Mai und um mich herum wurde gut gefangen. Ich war die ganze Woche immer wieder jeden Tag um den See gelaufen und habe meine Köder verteilt, Ich setzte auf Partikel, denn ich wusste von einem großen Fisch, das er sie liebt und ihnen nicht wiederstehen kann. Ich meinte auch ihn einmal auf dem Platz den ich befischen wollte, gesehen zu haben, seine Narbe auf der Flanke verriet ihn. Wir bauten unsere Sachen auf und setzten uns in der Mitte zum Kaffee zusammen. Es war schön wieder am Wasser mit den Jungs zu sitzen, bin ich doch sonst eher ein Einzelkämpfer und alleine unterwegs.Große Hoffnung auf einen Fisch hatte ich nicht , nicht nach den ganzen Stunden am Wasser. Nachts um 1 werde ich von einem enorm schnellen lauf geweckt, die Bremse kreischt und ich sprinte an die Rute. Der Anschlag sitzt und der Fisch zieht ins tiefe Wasser. Kein Rucken oder nervöses Schlagen in der Rute, nur ein kontinuierlicher Druck. Das könnte ein Großer sein und ich werde nervös, ich bettel und bitte, das alles gut geht und ich diesen Fisch nicht verliere. Es klappt alles und meine Keschermaschen umschließen einen großen Schuppi mit einer Narbe auf der Flanke. Ha Haaaa... Ich schaue zu Lars rüber, der sollte normal wach geworden sein von meinem, "das gibts doch nicht" "wie geil ist das denn" und "Yeees" aber Nein, nichts bewegt sich bei ihm. Ich kümmere mich um den Fisch, lege die Rute neu aus und lege mich wieder in den Schlafsack. An schlafen ist nicht zu denken, ich rauchte eine nach der anderen und habe ein Grinsen ins Gesicht gemeisselt. Nun ist es endlich vorbei,nach fast 20 Nächten ohne Fisch habe ich wieder einen. Der Knoten ist geplatzt, nun bin ich wieder da...

Yeees...commoooon...

4 Tage später sitze ich wieder am Wasser um eine kurze Nacht zu fischen, ich hatte den Platz weiter unter Futter gehalten und war gespannt ob sich etwas tun würde. Wieder fischte ich mit kleinen einzelnen Partikeln gepaart mit einem Plastikkorn. Ich fische gerne kleine Haken mit einem kleinen Köder in Verbindung mit einem auftreibenden Maiskorn oder einer Tigernuss aus Plastik. Oft werde ich belächelt aufgrund meiner kleinen Haken in Größe 8 oder sogar 10, aber ich habe bisher noch keinen Fisch auf diese Haken verloren. Ich benutze die Korda Kurvshank oder Choddys und muss sagen, das sich diese Haken super mit Fleisch füllen und dann auch im Drill gut halten. In dieser Nacht kann ich einen kleineren Schuppi landen und bin sehr glücklich darüber, das es scheinbar wieder anfängt zu laufen. Sollte sich meine Geduld doch auszahlen?

Nein, es kam noch viel viel schlimmer. Nach diesen 2 Fischen sollte das Chaos seinen Lauf nehmen. Das Wasser des Sees wurde immer klarer und der Krautbewuchs immer stärker. Man konnte die Fische unerrreichbar mitten im Kraut stehen sehen, sie sonnten sich und ab und zu fraßen sie etwas von den Krautstengeln. Das Wasser hatte inzwischen eine gute Temperatur erreicht und ich wollte die Fische durch mein Futter aufmerksam machen. Ich fütterte jeden morgen meine weißen Murmeln, welche ich vom Ufer aus auf dem Sandboden gut sehen konnte. Jeden Tag war die Stelle leergefegt, nicht ein Krümel wurde auf dem Platz zurückgelassen. Die Spannung stieg mit jedem Tag. Hätte ich morgens mehr Zeit gehabt, wäre ich immer etwas länger am See geblieben, dann hätte ich das Unheil vielleicht schon früher gesehen. Ich fütterte weiter. An diesem See hat noch niemand über einen längeren Zeitraum gefüttert und ich erhoffte mir dadurch einen Vorteil, ich wollte die noch unbekannten Fische des Gewässers auf meinem Platz haben. Vor allem musste ich die Zeit nutzen, bald war hier Füttern verboten. Zwischenzeitlich fischte ich immer mal wieder hier oder dort eine Nacht, allerdings ohne Erfolg. Ich begann zu Zweifeln. Machte ich etwas anders als sonst? Waren meine Vorfächer in Ordnung? Das Futter? Nein, ich hatte auf altbewährte Murmeln zurückgegriffen und diese fingen überall ihre Fische, das Futter konnte ich definitiv ausschließen. Aber was war es dann?

Ich sehe dich...

Das Wochenende am Futterplatz stand bevor und ich erhoffte mir, das diese Tage den Wendepunkt in diesem Jahr bringen sollten. Sie sollten mich wieder nach vorne bringen und mir mein Vertrauen in das Tun zurückgeben. Die Ruten wurden noch akribischer ausgelegt als ich es sonst schon tue, ich wollte alles ausschließen können, sandbeschichtete Bleie, Leadcore, Flying Backleads und unter der Rutenspitze noch ein Backlead zusätzlich. Kurze Vorfächer, 8er Haken und am Haar ein Dumbel mit einem kleinen PopUp. Durch diese Schneemannpräsentation steht der Köder fast auf dem Haken und macht diesen dadurch noch schwerer sichtbar. Die Fische bei uns sind nicht sonderlich Scheu, aber ich muss immer alles mir mögliche tun, um Fehler ausschließen zu können. Die eine Rute legte ich 4 mal aus, bis ich wirklich zufrieden auf der Liege lag und einen Kaffee genoss. Das warten begann. Nach 2 Stunden kam der erste Piepser, der Hänger hebte sich ganz leicht. Dann folgte ein weiterer und der Hänger sackte zurück in seine Ausgangsposition. 10 Minuten später das gleiche nochmal, allerdings auf der anderen Rute. Hat der Haken nicht gefasst? War das Vorfach zu kurz? Nein, ich hatte viele Köder um den Haken herum liegen, die Fische brauchten sich kaum bewegen, das Vorfach musste kurz sein. Wieder ein Piepser... Ich stand auf und schlich langsam am Ufer entlang bis zur Höhe meiner Köder, ich nahm einen Strauch als Deckung und versuchte die sandige Stelle zu kontrollieren. Oh mein Gott... der Platz war voll mit Brassen!!! Es war kaum noch etwas vom Futter übrig, die Burschen hatten ganze Arbeit geleistet und ich konnte sehen wie sie versuchten meine Hakenköder zu fressen. Das darf nicht wahr sein, ich flippe aus. Ich holte beide Ruten raus um sie zu kontrollieren und um sie neu auszulegen. Eine sollte zurück auf den Platz, die andere nun etwas abseits. Es lief gut, wäre ich Stipper gewesen, ich hätte mich wahnsinnig gefreut über die großen Brassen, welche stündlich am Haken hingen. Nach einer Nacht packte ich ein.

Aber aufgeben? Nein dachte ich mir, die Karpfen haben mit sicherheit die Aktivitäten der Brassen mitbekommen und besuchten auch irgendwann diesen Platz. Das Futter musste umgestellt werden. Die 14 mm Dumbels blieben, aber nun kamen noch kurzfristig bei Christian georderte 30mm Murmeln hinzu, welche ich hier und dort auf dem Platz verteilte. Vom Ufer aus konnte man diese weißen Riesen in 2 Meter Wassertiefe ohne Probleme erkennen. Am ersten morgen war alles weg, bis auf die großen Murmeln. Ich fütterte trotzdem nach und wartete. Am zweiten Tag war alles verschwunden, die kleinen und die Großen Köder waren nicht mehr zu sehen. Yes, das waren keine Brassen. Die Hoffnung stieg wieder und die Vorfreude auf das Wochenende war enorm.

Ich mache es kurz, das Wochenende kam und wurde noch frustrierender. Nicht nur ich konnte die großen weißen Murmeln von oben gut erkennen, die Blesshühner konnten es ebenfalls. Sie tauchten ab und schwammen mit den großen Murmeln ans Ufer, um sie dort zu zerlegen. Das hatten sie scheinbar schon die ganze Woche so gemacht. Abends, wenn niemand mehr am See war, dann kamen sie aus ihren Löchern.

die bösen Geister verfolgen mich...

Ich war am Ende! Als ich im Frühjahr an diesem See stand und über die Eisdecke blickte, wusste ich noch nicht, das ich mich hier so festfahren würde und das ich mein eigenes Handeln in Frage stellen würde. Ich fische schon so lange an diesem See, ich habe hier wundervolle Stunden verbracht und ich kenne dieses Gewässer, aber dieses Jahr war alles anders. Es wurde warm draußen, das Frühjahr war gelaufen und ich hatte 2 Fische hier fangen können. Entweder dieser See liebt dich oder er hasst dich.

Ich hatte meine Antwort für dieses Jahr.

Ich kehrte dem Wasser den Rücken zu...

 

Der Sommer:

Es war Juni als ich völlig aufgelöst und entnervt diesen Teich hinter mir lies. Ich war erfüllt von Frust und Unsicherheit. Ich hatte diesen Drang, unbedingt einen Fisch zu fangen und merkte garnicht wie ich mich selber und meine Umwelt damit belastete. Ich schlief abends mit dem Gedanken an Fische ein und wachte morgens mit ihm auf, alles im Kopf drehte sich nur noch ums Fischen. Ich vernachlässigte meine Arbeit, meine Freundin und meine restlichen sozialen Kontakte und es war nur eine Frage der Zeit bis es zu einem riesen Knall in meiner Beziehung kam. Das Aus folgte und ich war allein.

Zu dieser Zeit sah ich nichts negatives darin, ich konnte jetzt noch mehr Zeit am Wasser verbringen und genau das tat ich auch. Es war an einem Freitag Nachmittag als mich Lars anrief und fragte ob ich eine Nacht mitkommen würde nach Ostfriesland. Ich war morgens beim Zahnarzt gewesen und hatte noch leichte schmerzen im Kiefer, nichts destotrotz, ich wollte mit. Ich hätte es lassen sollen, aber aus Schaden wird man klug. Die Sachen wurden gepackt und wir beide führen los. Wir schauten uns verschiedene Gewässer an und entschieden uns dann für einen See, welchen wir schon einmal befischt hatten. Wir mussten unser ganzes Gerät zur Stelle tragen und ich bemerkte dabei erstmals den leichten Pulsschlag im Kiefer. Kommt bestimmt von der Anstrengung dachte ich, es wird bestimmt gleich wieder besser. Wir bauten alles auf und montierten unsere Ruten. Es war schön mal wieder ein Viererset benutzen zu können und so saß ich gegen Abend stolz hinter meinen 4 Ruten, schaute aufs Wasser und trank den ersten Kaffee. Ich hatte gerade 2, 3 Schlucke genommen, als ich wieder den Puls und einen leichten Schmerz verspürte. Okay, dachte ich mir, lieber nichts warmes, kühlen wird wohl besser sein. Ein kaltes Bier sollte helfen... 3 Stunden später konnte ich es vor Schmerzen kaum aushalten. Zahnschmerzen, das schlimmste was es gibt und das auch noch am Wasser. Die Schmerztabletten zeigten keine Wirkung und auch kühlen mit Wasser half nicht. Ich nahm mein Handy und suchte nach Zahnärzten im Bereich Ostriesland und das um 23 Uhr abends. Nach einigen Telefonaten sollte ich tatsächlich noch Glück haben, eine Dame versprach mir, ihre Praxis zu öffnen und mich zu behandeln. So irrte ich dann Nachts durch die Stadt Leer und durfte mich einer Wurzelbehandlung unterziehen lassen, da sich diese entzündet hatte. Ganz großes Kino. Als ich zurück zum See kam, ging es mir besser, der Druck unter dem zuvor behandelten Zahn war weg und ich konnte endlich beruhigt einschlafen. Leider habe ich in der Nacht keinen Fisch mehr gefangen, durfte aber wenigstens morgens bei Lars einen schönen Schuppi fotografieren. Wieder so eine Nacht die sich nahtlos in das Jahr einfügte und in Erinnerung geblieben ist, dachte ich mir auf der Rückfahrt. 

Wieder eine unvergessliche Nacht...

Einige Tage später, es war inzwischen sehr warm geworden und die steigenden Temperaturen brachten mich zurück an einen großen Baggersee, welchen ich öfter befische. Schon lange hatte ich mir vorgenommen, dieses Gewässer aus der Fischperspektive zu betrachten und jetzt war es soweit. Mit Schnorchel, Taucherbrille und Flossen bewaffnet und mit einem wasserdichten Packsack voll Boilies, machte ich mich auf dem Weg zum See. Was ich an diesem Tag erlebte, faszinierte mich noch Wochen später, das Wasser war so klar, das ich bis auf 6 Meter in die Tiefe schauen konnte. Da in diesem See Badebetrieb herrscht, haben die Fische keine Scheu gegenüber Schwimmern und so konnte ich mich mehrmals kleinen Trupps von Karpfen nähern und zeitweise trieb ich einfach 1 Meter über ihnen an der Oberfläche und beobachtete sie. Es war ein tolles Erlebnis...

In einem Bereich des Sees hatte ich eine größere Anzahl Fische entdeckt und fütterte diesen Bereich mit den Boilies aus meinem Packsack. Ich hatte zwischenzeitlich bei Christian einige Kilos der Red Spice Murmeln bestellt und mischte diese nun mit den restlichen Scoberry Dumbels aus dem Frühjahr. Ich wollte wissen wie die Fische darauf reagieren, wenn am Grund hauptsächlich dunkle Boilies liegen und einige strahlend weiße Köder dazwischen. 2 Tage später war es soweit, das Wochenende stand vor der Tür und es sollte an den See gehen. Anfangs drehte ich erst eine Runde mit der Taucherbrille um zu sehen ob das Futter angenommen wurde und tatsächlich, es war nichts mehr zu sehen. Der Grund war leicht aufgewühlt und ich konnte einen kleinen Karpfen wegschwimmen sehen. Nichts wie raus aus dem Wasser und aufbauen. 2 Ruten sollten auf den Platz, eine etwas abseits. Meine eine Rute bestückte ich mit einem Scoberry Dumbel und einem weißem Pop Up, die Andere mit einem einfachen Red Spice. Ich fische zwar sehr gerne mit einem Schneemann, wie schon erwähnt legt sich der Boilie meist auf den Haken und macht diesen dadurch schwerer sichtbar und außerdem kann ich z.B. mit einem rosa Poppi noch ein farblichen Reiz liefern, aber bei der Rute mit dem Red Spice, habe ich es bei einem einzelnen Köder belassen. Ich wollte wissen, welcher Köder schneller genommen wird, der weiße auffällige oder der dunklere. Beide Ruten wurden auf den Platz geworfen und die Dritte kam mit einem Poppi auf eine Sandbank 30 Meter entfernt. Dann lehnte ich mich zurück in die pralle Mittagssonne.

eine gute Mischung...

Normalerweise hätte ich es genossen so in der Sonne zu liegen und die Seele baumeln zu lassen, aber genau das konnte ich nicht, ich war verunsichert. Die letzten Wochen hatten viel Kraft gekostet und ich grübelte ob es laufen würde. Liegen die langen Vorfächer gut? Hätte ich gegen meine Einstellung die Ruten rausschwimmen sollen? Oder soll ich mit der Taucherbrille nochmal nachsehen? Gibt es hier eigentlich Blesshühner??? Ich erkannte mich selber nicht wieder, ich setzte mich so unter Druck einen Fisch fangen zu wollen, das ich an allem zweifelte...

Es ging alles gut und ich konnte an dem Tag 2 schöne Fische fangen. Den ersten Biss konnte ich garnicht glauben und schaute erstmal nach auftauchendem Federvieh oder einem Schwimmer. Beim 2. Lauf war gerade ein Kollege da, um Fotos zu machen... Herrlich, es hatte alles gepasst und ich schlief Abends völlig beruhigt und mit gedankenleerem Kopf auf meiner Liege ein. Es war ein schönes Gefühl. Beide Fische bissen übrigends auf den weißen Köder, aber ich wollte und konnte daraus nicht gleich Rückschlüsse ziehen. Bis zum nächsten Abend tat sich leider nichts mehr und ich zog weiter an den kleinen See, wo ich meinen ersten Frühjahrsfisch fing. Auch hier konnte ich auf einen weißen Dumbel einen der seltenen Spiegler fangen, kein großer Fisch, aber ein großes Stück Selbstvertrauen.

Ein großes Stück Selbstvertrauen...

Das Wochenende war vorbei und ab Montag wollte ich wieder ans Wasser, wie schon erwähnt hatte ich keine Freundin mehr und allein auf dem Sofa sitzen? Nein, ich hatte viel nachzuholen waren meine Gedanken und innerlich setzte ich mich schon wieder unter Druck. Die Woche war grausam, nach der Arbeit ans Wasser und morgens wieder zur Arbeit und das Ergebnis war, am Montag - Blank, Dienstag - Blank, Donnerstag - Blank, Freitag - Blank... Was war denn bloß los? Ich fing 2, 3 Fische, welche mein Vertrauen in mein Handeln wieder etwas aufbauten und dann wurde es wieder vollkommen vernichtet. Okay, die anderen Jungs fingen auch nicht so gut wie sonst, aber sie fingen kontinuierlich ihre Fische, ich nicht. Es war Juli und ich konnte die Nächte, welche ich am Wasser verbrachte kaum noch zählen. Die Fische hingegen konnte ich an zwei Händen abzählen und bei der einen Hand blieben vier Finger umgeklappt. Als ich Samstag nach Hause fuhr hatte ich eigentlich schon die Schnauze voll vom Fischen, aber der Anruf von Pascal mit der Frage ob ich mit ihm und seiner Freundin eine Nacht mit ans Wasser komme, weckte wieder meinen Ehrgeiz. Schlimmer als nichts zu fangen geht ja nicht mehr. Ich sagte zu.

Wir führen an einen kleinen Teich mit einer Insel und auf dieser wollten wir es uns für eine Nacht bequem machen. Um auf diese Insel zu gelangen, muss man mit Watstiefeln oder Hose durch einen breiten Graben laufen und war dann abseits von den Spaziergängern und Hunden, welche gerne um den Teich laufen. Es war heiß geworden, alles klebte am Körper fest als wir das Tackle über den Graben schlurten. Wir bauten unsere Zelte auf, machten die Ruten fertig und beratschlagten, wer welche Rute wo ablegt. Ich setzte wieder auf die Red Spice und die Scoberrys. Direkt von der Insel aus verläuft eine Sandbank weit in den Teich, welche dann an den Seiten recht steil abfällt. Hier wollten wir unsere Ruten ablegen, Kerstin ganz rechts, Pascal in der Mitte und ich links zum offenen Wasser. Gesagt getan, wir maschierten zu dritt, jeder mit einer Rute und mit etwas Futter auf der Sandbank in Richtung Kante. Ich lief und schaute rüber zu Pascal, als es plötzlich passierte. Ich hatte die Kante übersehen und rauschte hinab. Die Watstiefel füllten sich schlagartig mit Wasser und im letzten Moment konnte ich zurück auf die Bank gelangen. Das Gelächter war groß... Zumindest bis ich bemerkte, das ich nicht wie sonst, meine Taschen nicht entleert hatte. Handy, Potemonaie ,etc, alles war nass und ich wieder der Verzweiflung nahe. Kann doch nicht Wahr sein.

Nachdem ich alles zum trocknen aufgehangen hatte und froh darüber war,  das ich wenigstens noch eine Fleecehose im Rucksack gefunden hatte, brachte ich meine Ruten barfuss und ganz langsam zur Kante. Die Ruten lagen endlich, ich konnte wieder lachen und Lars kam vorbei um uns Essen und ein paar kühle Bier zu bringen. Es war ein schöner Abend an dem viel gelacht wurde, natürlich auf meine Kosten. Da es draußen noch warm war, ich keine trockenen Socken mehr hatte und die Watstiefel auch nass waren, beschloss ich so in den Schlafsack zu steigen um im Falle eines Bisses schnell an den Ruten zu sein. Diese mussten wegen der viele Büsche im Wasser stehen.

Es war 23 Uhr als ich die erste Brasse fing und die Rute einfach zurück in Richtung der Kante warf. Im dunkeln nochmal zur Kante laufen? Nein danke. Um 1 Uhr Nachts piepste es wieder an der Rute, der Hänger sackte ab, ging wieder hoch und sackte wieder ab. Diese verdammten Brassen dachte ich mir und wollte es erst ingnorieren. Dann aber fielen mir die Graskarpfen ein, welche es hier gab und welche sehr ähnlich bissen. Plötzlich gab es einen Ruck in der Rute und ein kurzer Run folgte. Ich sprintete aus meinen Schlafsack, sprang ins Wasser und schlug an. "Aaaautsch!!" Ein starker Schmerz durchdrang meinen Fuß, ich musste irgendwo draufgetreten sein. Ich kurbelte den Fisch näher an mich heran, gleich sollte es entweder einen enorme Flucht im Flachwasser geben oder es ist... Ja, es ist ein Bassen. Ich schaltete die Kopflampe ein um den Fisch abzuhaken und erschrak, das Wasser um mich herum war rot. Rot von meinem Blut. Schnell den Fisch abhaken und raus aus dem Wasser. Ich humpelte zu meiner Liege und sah mir meinen Fuß an, ein langer tiefer Schnitt war das Ergebnis, welches mir eine alte Bierflasche, welche ich später im Wasser fand, zugefügt hatte. Pascal kam mir zur Hilfe und wir versuchen mit Klopapier und Pflastern die Blutung zu stoppen. Es gelang nicht und der Schmerz wurde immer schlimmer. Ich musste ins Krankenhaus, aber wie? Wie sollte ich von der Insel runterkommen? Klar hatten die anderen noch ihre Wathosen, aber sollte ich diese vollbluten? Das Angebot von Pascal mich zu tragen und mich zu fahren lehnte ich ab. Ich biss die Zähne zusammen und erinnerte mich daran, das wohl Kinder einen Haufen Stöcker in den Graben geworfen hatten um diesen zu überqueren. Ich musste dort rüberkrabbeln. Ich schaffte es auch irgendwie und fuhr direkt ins Krankenhaus.

Ohne Worte...

Um 3 Uhr morgens kam ich wieder aus dem Krankenhaus, der Fuß musste genäht werden und ich hatte einen Verband bekommen. Was die im Karnkenhaus wohl gedacht haben, ich sah aus wie ein Schwein, war voller Matsch und trug ne viel zu große Fleecehose. Es hatte inzwischen angefangen zu regnen, ich humpelte zu meinem Auto und fuhr nach Hause um mir etwas anderes anzuziehen. Ich musste zurück an den Teich, meine Sachen waren alle noch dort. Ich wusste, das die anderen es am nächsten Tag abgebaut hätten, aber ich wollte es ihnen nicht zumuten, ich wollte zurück. Zuhause angekommen musste ich erstmal bei mir selber "einbrechen", weil mein Hausschlüssel noch auf dem Bivytable lag, aber das kümmerte mich jetzt auch nicht mehr. Ich zog mir eine andere Hose an, versuchte passende Schuhe zu finden, griff mein Ersatzhandy und fuhr zurück zum See. Ich krabbelte wieder über die Stöcker und weckte Pascal, der inzwischen meine zweite Rute rausgeholt hatte. Ich berichtete ihm kurz und legte mich dann in den Schlafsack. Als ich dort lag musste ich an meine Exfreundin denken, wir verstanden uns noch ganz gut. Ich griff zum Handy und rief sie an, ich musste mit ihr reden, ihr erzählen was passiert war. Als ich auflegte war es still am Teich, nur das prasseln des Regens und der aufkommende Wind waren zu hören.

Es ist 4 Uhr morgens, Hochsommer und ich liege in meinem Schlafsack. Der Wind bläst ununterbrochen nasse, warme Luft unter mein Shelter. Der Regen trommelt wie verrückt auf die Wasseroberfläche, ich spüre meinen Puls im Fuß, die Beteubung lässt nach. Im Schein der Kopflampe sehe ich noch einige blutverschmierte Blätter vor der Liege liegen. Meine Haken hängen in den Rutenringen und werden nicht mehr ausgelegt. Ich mache das Licht aus und lege meinen Kopf auf den inzwischen feuchten Schlafsack, mein Kinn fängt an zu zittern und mir rollen Tränen aus den Augen. Ich bin mit meiner Kraft am Ende, die Nerven liegen blank und der Schmerz wird schlimmer... Wofür das Alles? Was ist das bloß für ein Jahr? Ich finde keine Antworten und schlafe irgendwann ein...

 

Die nächsten 2 Wochen war es für mich nicht möglich ans Wasser zu kommen, der Fuß und meine Arbeit machten es mir unmöglich. Meine Laune war natürlich  auf dem Tiefpunkt und die kurzen Nächte, welche dann folgten blieben wieder ohne Erfolg. Der Juli war vorbei und ich konnte einfach nicht mehr, ich hatte keinen Spaß mehr am Fischen, es war mehr ein Zwang. Ich hatte inzwischen beschlossen, mit meiner Exfreundin in den Urlaub zu fliegen. Angelurlaub? Nein, nach 9 Jahren sollte es erstmals wieder ohne Angelsachen losgehen. Wir flogen 2 Wochen nach Ägypten und es war wunderschön. Mein Kopf schaltete aus und ich kam innerlich zur Ruhe, ich sammelte Kraft für den Rest des Jahres, welcher mir jetzt noch blieb um vielleicht ein paar Fische zu fangen. 2 Tage vor dem Rückflug bekam ich einen Anruf, das ein Paket von Successful Baits vor der Tür stehen würde... In dem Moment führ mein innerer Rechner wieder hoch und ich freute mich auf Zuhause, auf mein Wasser und auf meine hoffentlich bald wiederkehrenden Fische. Wir werden sehen...

Urlaub und Wasser! Ohne Angeln...

Der Herbst
Nach der Rückkehr aus dem Urlaub gingen Janine, so heisst meine Exfreundin, und ich wieder getrennte Wege. Ich hatte viel vor in der Zeit die mir noch bleiben sollte und ich wusste, das ich nur halbherzig an das Thema "Beziehung" rangehen würde. Ich wusste das es keinen Sinn macht und wir eine Pause brauchten.
Die Pause zum Fischen, welche der Urlaub mit sich brachte, war genau richtig. Kein Handy und somit auch keine Fangmeldungen meiner Jungs, keine sonstigen Infos übers Fischen, einfach nur Urlaub. Klar lag am Pool auf dem Tisch die neue Carp in Focus, welche im Gepäck war, aber auch diese wurde ganz entspannt gelesen. Auch das Telefonat mit Christian, der mir vor seinem Urlaub noch Murmeln schicken musste, brachte mich nicht aus der Ruhe. In meinem Kopf gab es kurzzeitig kein Fischen und ich muss sagen, das tat richtig gut.

Wie schon erwähnt, begann das ganze erst wieder 2 Tage vor dem Rückflug. Die Murmeln waren angekommen, ich war entspannt und hatte Kraft gesammelt und außerdem stand mir noch der ganze Herbst bevor. Als ich zurück in Deutschland war, wurden ersteinmal Infos eingeholt. Die Jungs mussten berichten was in der Zeit passiert war. Es gab aber keine besonderen Vorkommnisse und so fuhr ich am nächsten Wochenende zum Wasser und hatte nach langer Zeit wieder dieses Gefühl frei zu sein. Nicht frei von der Arbeit, nicht frei von den Gedanken an Janine, aber frei von diesem Zwang einen Fisch fangen zu müssen. Ich konnte wieder das genießen, was das Angeln für mich ausmacht. Mit der Natur verschmelzen, die Kleinigkeiten am Wasser beobachten und mich daran zu erfreuen einfach hier zu liegen. Dieses tolle Gefühl und das nur nach 12 Tagen ohne Fischen im Kopf?? Aber sind wir mal ehrlich, jeder der dieses Hobby so betreibt wie wir, beschäftigt sich sehr viel damit. Nicht nur das Angeln selber, auch die Gedanken an dieses können sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und ich kann mich leider nicht davon freimachen und muss zugeben, das ich jeden Tag über das Fischen, oder etwas was dazugehört, nachdenke. Jeden Tag! das sind 365 Tage im Jahr! Ich hätte nie gedacht, wie sehr einen 12 Tage ohne diese Gedanken entspannen lassen. Ich werde das wiederholen...

 

Freiheit

Zumindest war ich wieder am Wasser, ich fischte mal hier eine Nacht, mal dort. Ich fing Fische und blankte auch hin und wieder. Aber mit jedem Fisch stieg meine Entspannung und mir machte es wieder riesig Spaß am Wasser zu sitzen. Inzwischen hatten wir September und ich hatte mir für ein Gewässer außerhalb Oldenburgs schon vor dem Urlaub einen Plan zurechtgelegt. Ich wusste von großen Fischen in diesem See, wusste auch das es einen guten Bestand an Karpfen dort gibt, aber so wirklich an sie rangekommen, bin ich nie. Nach vielen gelesenen Geschichten oder Büchern ist mir oft eins aufgefallen, viele holen sich ihre Erfolge durch das Futter. Besser gesagt durch die Menge an hochwertigen Ködern, welche gut angenommen werden müssen und auch in der Langzeitfütterung funktionieren.  Ich wollte an diesem See einmal die Menge hochsetzen und über einen längeren Zeitraum füttern. Ich rief bei Christian an, schilderte ihm mein Vorhaben und 2 Wochen später war ich bei Successful im Laden und holte meine Bestellung ab. Ich wollte mir an dem See einen Platz suchen, an dem die Karpfen vorbeikommen, der größere Tiefenunterschiede aufwies und an dem nicht gefischt wird. Mit Boot und Echolot zog ich los und wurde recht schnell fündig, eine verkrautete Flachwasserzone, welche dann auf bis zu 8 Meter abfällt. Der Platz sollte es sein, hier könnte ich auch im Spätherbst gut die tiefen Bereiche mitbefischen. Da ich es nicht aushalten konnte den Platz zu testen und ich meine Sachen im Auto hatte, wollte ich gleich eine Nacht dort fischen. Ich verteilte die Ruten so, wie ich sie auch den Rest des jahres fischen wollte, von oben nach unten in einer breiten Bahn. Ich fütterte noch schnell einen Streifen von der Ersten runter bis zu der Dritten Rute und baute die restlichen Sachen auf. Ich machte mir die Stelle bequemer, in dem ich Äste wegräumte, einen Durchweg verbaute und einen neuen kleineren anlegte und passte alles so an, das es unauffällig aber schön war. Die Nacht brachte mir einen genialen Schuppi, nach welchem ich die Ruten dann einholte. Ich wusste nun, das dort Fische vorbeikommen und für mich stand voll und ganz fest, der Platz ist es.

Fisch gefunden...

Mindestens ersteinmal 3 Wochen sollten vergehen, bis ich meine Ruten auslege. Ich wollte mit einen 2 Tage Rythmus beginnen, um zu sehen, ob die Fische dort überhaupt fressen und wenn ja, wie sie mit der Menge klarkamen. Ich fuhr also jeden 2. Tag vor der Arbeit an den See und fütterte meinen Streifen. In der Zwischenzeit ging ich an anderen Gewässern fischen, eine Nacht verbrachte ich mit Christian in einem Nachbarverein an einem wunderschönen Waldsee, ein Wochenende fuhr ich hier in Oldenburg an unser größtes Gewässer. 

mit Hasi am Waldsee

Die Nacht am Waldsee war super, hier gibt es viele, wenn auch kleinere Fische, welche wunderschön sind. Wir hatten viel Spaß und fingen unsere Fische. Das Wochenende an dem großen See war da schon anstrengender. Morgens zum Füttern an den einen See und dann weiter an den anderen. Hier fische ich ein paar mal im Jahr, weil der See hier der größte in Oldenburg ist und weil er mit Sicherheit die eine oder andere Schönheit beherbergt. Hier ist das Angeln auch etwas ganz anderes, fische ich doch sonst oft Ufernah,  angel ich hier auf eine Entfernung von 500 Metern. Nach jedem Fisch muss ich 500 Meter zum Platz fahren, um die Rute wieder abzulegen und dann zurück zum Ufer. Da kommen am Wochenende schnell ein paar Kilometer zusammen. Trotzdem ist es entspannend hier, auf dem strandähnlichen Ufer sitzen und auf die große Wasserfläche zu schauen, ist ein Gefühl, welches ich nicht missen möchte. Jedes Jahr wieder...

der große See

Ich fing an diesem Wochenende 12 Fische, genoss dabei die warme Sonne und beobachtete die vielen Schlangen, welche sich am Ufer rumtrieben. Leider hatte ich auch 2 Fische verloren, aber das war Ok. Am Sonntag packte ich alles zusammen und fuhr wieder zum füttern an den anderen See. Es war kein Fisch zu sehen, nicht das kleinste Anzeichen von den Jungs. Mir fiel es echt schwer weiterzufüttern ohne ein Probefischen zu wagen. Da zweifelt man doch oft daran, ob das Futter gefressen wird oder ob alles umsonst war. Noch dazu die Belastung des Gewässers  und die Stelle würde mit Sicherheit kaputtgemacht werden, durch das liegengebliebene Futter. Normal hatte ich alles genau bedacht. Ich riskierte es, aber mit einem schlechten Gewissen. Unter der Woche zog ich noch 2 mal los für jeweils eine kurze Nacht. Auch hier konnte ich wieder einen Fisch landen und das an dem See, der mich im Frühjahr verzweifeln ließ. Entweder er liebt dich, oder...

3 Wochen waren vergangen und es war Wochenende. Ich wollte von Sonntag an für 2 Nächte an den See, damit ich am Wochenende nicht auf dem Präsentierteller sitze und meine Ruhe habe. Meine Ruten bereitete ich pingeligst vor, 70cm Leader aus Fluorcarbon mit  etwas Knetblei, ein sandfarbendes Blei für den flacheren Bereich und dunkle für den Tiefen, etwas längere weiche Vorfächer, da ich mit dem Wurfrohr doch etwas streue, und 6er Kurvshanks mit einem braunfarbigen Gummi überzogen, um sie noch unauffälliger zu gestalten. An jede Rute kam ein Schneemann aus einem 24 mm Fischboilie und einem 10 mm rosa Pop Up, aufgepeppt mit etwas Liquid Monster Crab. Es war absolutes Sauwetter, starker Wind, dazu Regen und die Stelle wurde schnell zu einem Schlammplatz. Meine ausgelegte Lotrute zeigte mir die tiefste Stelle der untersten Kante und ich staffelte meine 3 Ruten genau zwischen Ihr und der Flachwasserzone. Die Schnüre lies ich zu Boden sinken und hängte Backleads unter die Rutenspitzen. Die Fische sind hier meiner Meinung nicht besonders scheu, trotzdem bemühe ich mich immer, alles so unauffällig wie möglich zu gestalten. Die Fische müssen meine Anwesenheit ja nicht unbedingt mitbekommen. Manchmal frage ich mich selber, ob ich es nicht übertreibe und ob es Sinn macht, so viel über Tarnung der Montagen oder Schnüre nachzudenken. Allerdings lässt es mir keine Ruhe, wenn ich weiß, das ich mir vielleicht die nötige Mühe nicht gemacht habe und dadurch einen Fisch verliere oder verscheuche. Als die Ruten lagen und ich ein wenig gefüttert hatte, konnte ich mich entspannt auf die Liege setzen, einen Kaffee kochen und auf den See hinausschauen. Der Wind trieb die Wellen direkt auf mein Ufer und der Regen prasselte auf die Wasseroberfläche. Herbstwetter! Fischwetter!!

die Fallen liegen...

Die ersten Stunden waren vergangen, der Regen lies etwas nach und ich blätterte in dem kleinen Buch "Its my Life" von Eddy Sterks. Es ist schon wahnsinn, wie der Mann mit Futter arbeitet. Jeder der dieses Buch kennt, wird erschrecken über die Mengen und Kilos, die dieser Angler einsetzt. Sehr gut finde ich allerdings, das hier ganz genau darauf hingewiesen wird, das die Vorraussetzung für solche Mengen das kennen des Fischbestandes, die Futtermengen der Mitangler und weitere Faktoren sind. Es wird hier nicht über das hirnlose Abkippen berichtet und es wird auch die mögliche Belastung eines Gewässers erwähnt. Ich bin der Meinung, das mehr Angler über diese Faktoren nachdenken sollten, als blind zu kopieren. Ich durfte schon erleben, wie ein Karpfenangler 5 Kilo Boilies fütterte und das im Frühjahr bei einer Wassertemperatur von 8 Grad an einem oft befischten und befütterten  2 Hektar See. Über den Sinn oder Unsinn lässt sich streiten, jedoch hatte dieser Angler im Herbst einen anderen Angler mit dieser Methode gesehen und der hatte viele Fische gefangen. Bitte überlegt vor dem Füttern, da das Futter wirklich eine hohe Belastung auf das jeweilige Gewässer ausüben kann. Auch ich habe im Vorfeld sehr lange über mein Handeln nachgedacht, habe gerechnet und verglichen. Trotz meiner Sicherheit zu wissen, das die von mir eingebrachte Menge gefressen werden musste, hatte ich ein schlechtes Gewissen und die Sorge ob es laufen würde.

der Platz wurde angenommen

Als es dunkel wurde, wurden die Zweifel mit der ersten ablaufenden Rute weggeblasen und ich konnte einen schönen Spiegler fangen. Es regnete gerade sehr stark, als die Rute ablief und ein paar Minuten später stand ich klatschnass aber glücklich im Wasser und betrachtete den alten Spiegelkarpfen. Ich machte die Rute wieder startklar und verteilte eine Hand voll Murmeln mit dem Wurfrohr. Ich fing in dieser Nacht noch 3 Fische und in der nächsten weitere 3. Das Futter wurde angenommen und die Fische zeigten sich durch springen auf dem Platz. Der Plan war aufgegangen. Nun hies es für mich am Ball bleiben, aber nicht mit dem Fischen, sondern mit dem Füttern. Ich wollte diesen Platz bis in das Ende des Jahres aktiv halten und nur ab und zu mal die Ruten auslegen. Zu hoher Angeldruck zerstört schnell mühsam aufgebaute Plätze, auch wenn es sehr schwer fällt sich zusammenzureißen. Die Menge des Futters hielt ich konstant und der Rythmus des Fütterns blieb auch unverändert. Ich wollte erst etwas ändern, wenn Bisse ausblieben oder sich andere Reaktionen zeigten bzw. das Wasser stark abkühlte. Wärend der Zeit des Füttern, besuchte ich zwischenzeitlich an Wochenenden andere Gewässer um dort kurze Nächte zu verbringen und um den ein oder anderen Fisch zu fangen. Den Futterplatz befischte ich wenn dann unter der Woche, um andere Angler nicht auf den Platz aufmerksam zu machen. Durch die zunehmende Zeit, die mein Job in Anspruch nahm, wurden die Nächte allerdings weniger und der Kontakt zu Janine nahm inzwischen auch wieder zu. Ich beschränkte dann mich nur noch auf meinen Futterplatz und konnte bis in den späten Herbst dort einige schöne Fische fangen. Die Temperaturen fielen zum Ende des Jahres stark in den Keller und ich beendete das Befüttern des Platzes vorzeitig, da ich mit dem bisherigen Ergebnis sehr zufrieden war und nun wusste, wie ich an diesem Gewässser vorzugehen hatte. Ich sammelte sehr wichtige Informationen für das kommende Jahr, fing tolle Fische und wollte mich nun ersteinmal um Arbeit und Beziehung kümmern...

Einen morgen an diesem Platz werde ich warscheinlich nie vergessen. Es war noch sehr früh, die Nacht hatte es den ersten Frost gegeben und ich hatte gerade einen Fisch gefangen und wollte die Rute neu auslegen, als ein Futterboot hinter einer Landzunge auftauchte und diekt in meine Bucht fuhr. Wie versteinert stand ich am Ufer und beobachtete das Boot. Ich suchte mit meinen Blicken das Ufer ab, konnte aber niemanden entdecken. Von wo kam das Boot? Wer steuerte dieses Boot? Und was macht es genau in dieser Bucht? Ich kann die Gefühle die in mir aufkamen nicht beschreiben. Hatte mich jemand gesehen oder war es Zufall? Das Boot kam immer näher und näher. Die Bucht war am Anfang nur ca. 1 Meter tief und ich hatte meine Watstiefel noch von dem Drill an. Ich ging auf das Boot zu, mit dem Gedanken, das schnappe ich mir und schaue mal, wer den dann zum Abholen kommt. Ich näherte mich dem Boot, welches direkt auf mich zusteuerte und als es ungefähr 3 Meter vor mir war, erkannte ich, das in einer der Futterluken ein Briefumschlag lag. Irgendwer will mich hier verarschen ging mir durch den Kopf. Ich schnappte mir das Boot, schaltete es aus und schaute mich um. Niemand war zu sehen. Ich nahm den Umschlag aus der Futterluke und öffnete diesen. Es kam ein Blatt Papier zum Vorschein, auf welchen stand, das dieses Boot nun mir gehören würde und ein vorzeitiges Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk sei. Der Absender und auch der Steuermann dieses Bootes war Janine!!!  Diese kam dann auch in Begleitung von Pascal und Kerstin durch die Büsche und grinste. Auch wenn ich so ein Boot immer kritisch betrachtet habe, kann sich wohl jeder meine Freude vorstellen. Der Wahnsinn... Verrückt... Gestört...oder nur Verliebt???

Das Jahr geht zuende...

Das Jahr hatte viele Seiten, es gab Momente in denen ich der Verzweiflung und dem Wahnsinn nahe war, aber es gab auch schöne Momente und inzwischen schaue ich entspannt und mit einem grinsen im Gesicht zurück auf diese Zeit. Ich habe in meinem 15. Jahr als Karpfenangler wieder einmal etwas wichtiges dazugelernt. Ich wollte es erzwingen einen Fisch zu fangen, ich habe nie mit einem freien Kopf am Wasser gesessen und habe mich enorm unter Druck gesetzt. Ich musste durch Schmerzen und einer Trennung erkennen, das sich nichts erzwingen lässt und es einfach Zeiten gibt, in denen man nicht "gewinnen" kann. Apropos gewinnen, das Angeln ist kein Wettkampf, es sollte Spaß machen und einen nicht so beherschen, das man alles andere um einen als unwichtig einstuft. Als ich den Kopf wieder wieder frei hatte, die Natur und alles was dazugehört wieder genießen konnte, da fing ich auch wieder meine Fische.
Inzwischen ist das Jahr 2011 angebrochen, ich habe meine alte, neue Freundin zurück und schaue entspannt in die Zukunft. Es beginnt jedes Jahr von vorne und bin sehr gespannt,  was dieses Jahr wieder verrücktes auf mich zukommt...


Vielen Dank an alle, die mich letztes Jahr unterstützt haben, die mich ertragen haben, an mich geglaubt haben und mich zurückgenommen haben ;-)


Ich habe in diesem Bericht absichtlich keine genauen Angaben zu den Futtermengen gemacht. Ich möchte niemanden dazu animieren, blind und ohne nachzudenken unsere Gewässer zu belasten bzw. zu verunreinigen. Wenn ihr große Mengen an Futter benutzen wollt, müsst ihr viele Faktoren berücksichtigen und eine gewisse Menge an Erfahrung mitbringen. Wenn ihr unsicher seit, lasst es bitte sein. Eure Mitangler, die Fische und das Gewässer werden es euch danken.

 

Tammo Schiller